Jobgespräche

Was Ich an der Taxibranche so mag ist die Jobsuche – Ich vermute & behaupte jetzt einfach mal, dass die nirgendwo anders so einfach ist wie in diesem Gewerbe.

Es läuft meistens so ab: Man ruft einen Unternehmer an, stellt sich kurz vor, erklärt bei wem man vorher gefahren ist und wie lange man den Taxischein hat. Anschließend wird man irgendwo in Bremen hinbestellt zum kurzen Gespräch. Bewerbungsmappen, komplizierte Anschreiben, Lebensläufe, Arbeitszeugnisse? Wird völlig überbewertet und will keiner sehen. Einige Unternehmer verzichten selbst auf das Gespräch und lassen sich alles nötige per Whats App schicken.

Allerdings muss man auch stark aufpassen – Obwohl der gesetzliche Mindestlohn klar festgelegt ist, wird nachwievor gerne mal versucht weniger zu zahlen. Auszug aus einigen Jobgesprächen:

  • Also…Nachtschichten willst du fahren, oder?
  • Ja
  • Und was willst du verdienen?
  • Na, ich behaupte mal, dass jetzt der gesetzliche Mindestlohn die falsche Antwort ist?
  • Ja…ähm…also…ich würd ja gern den Mindestlohn zahlen, aber das kann ich mir nicht leisten. Ich lass dich als Teilzeitangestellter laufen, bezahl dir 850 Euro und wenn du über eine bestimmte Umsatzgrenze erreicht hast, kannste alles was darüber bezahlt wird behalten.
  • Im ernst? Wenn die Grenze mal angenommen bei 3000 Euro liegt und im Monat 4000 Euro einfahre, kriege ich die 1000 Euro so ausbezahlt?
  • Oh, du bist ja einer von den schlauen Fahrern. Neee, so meinte ich das nicht.
  • Sondern?
  • Angenommen du hast 1000 Euro mehr eingefahren als vereinbart, so darfst du davon 35 % behalten. Also 350 Euro. Plus 850 Euro brutto
  • Und wenn ich die Umsatzgrenze nicht erreiche?
  • Dann kriegste nix
  • Das heißt ich soll für 850 Euro Brutto Vollzeit Festgehalt fahren und dann jeden Monat auf irgendeinen unbekannten extra-Bonus hoffen?
  • Ja!

Erklärung dazu: 8,50 Euro beträgt der gesetzliche Mindestlohn. Ab Januar dann 8,84 Eur. Bei diesem Beispiel hätte ich bei Vollzeit 850 Euro / brutto verdient. Das würde einen Stundenlohn von unter 5 Euro bedeuten. Der angebliche Bonus denn man noch bekommt, sollte man mit Vorsicht genießen. Vor uns liegen die Wintermonate und da wird es schwierig irgendwelche Umsatzgrenzen zu knacken.

Ein Gespräch mit einem anderen Unternehmer:

  • Also, du kannst sofort für mich fahren. Nachtsicht von 18 bis 6 Uhr. 12 Stunden, alles klar?
  • Soweit glasklar. Und Bezahlung? Mindestlohn?
  • Öhm ja…wobei, wenn wir mal ehrlich sind, passt das ja nicht, kann ich mir nicht leisten. Du kriegst die 8,50 Euro aber nur für 8 Stunden.
  • Und 4 Stunden arbeite ich dann umsonst?
  • Das ist ein geben und ein nehmen! Mehr geht nicht! Und die 8 Stunden kann ich dir auch nur bezahlen, wenn du pro Schicht 150 Euro reinfährst! Sonst biste sofort raus!

Erklärung: 150 Euro Umsatz sind am Wochenende in Bremen kein Problem, aber auf einen Sonntag oder Montag-Abend ist das schon eine ganz andere Geschichte. Ich erinnere mich an Nächte im Januar wo die Kasse nach 10 Stunden im Taxi bei mageren 90 Euro lag…

Oder man macht es wie ein anderer Taxiunternehmer, mit dem ich gesprochen habe:

  • Tja, Ich würd dich gern einstellen, kann ich aber nicht.
  • Warum?
  • Ich habe 6 Taxen. Nachts stehen 5 aufm Parkplatz. Ich will keinen Stress mit der Behörde, deswegen zahl ich den Mindestlohn. Aber weil ich mir das nicht leisten kann, lasse ich es lieber ganz und meine Taxen stehen nachts unter der Woche. Die rollen Nachts nur am Wochenende
  • Und wie soll das auf Dauer funktionieren?
  • Gar nicht. Ich werde die Dinger irgendwann verkaufen. In 5 bis 10 Jahren wird es keinen einzigen Unternehmer geben, der mehrere Taxen hat. Jeder wird selbstfahrender Unternehmer. Und damit sich das lohnt, wird jeder 12 bis 15 Stunden im Auto sitzen. Denn als selbstfahrender Unternehmer, braucht man sich selbst keinen Mindestlohn zu zahlen. Also kann sich jeder selbst ausbeuten. Nur so kann das Taxigewerbe überleben. 

 

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