Taxiplatz Goetheplatz um 2:32 Uhr
Das Viertel ist verlassen, es ist niemand mehr unterwegs. Alle Kneipen haben zu, Bremen schläft. Und während ich so über meinen schlechten Umsatz nachdenke und in erwägung ziehe mich vielleicht noch am Stubu anzustellen, kommt ein alter Mann, vermutlich obdachlos, mit einem Einkaufswagen voller persönlicher Habseligkeiten vorbei. Er hält an.
Er sieht in meine Richtung und schaut mir intensiv in die Augen. Er lässt den Einkaufswagen stehen und kommt an mein Taxi: „Entschuldigung, haben Sie vielleicht eine Zigarette für mich? Oder 50 Cent?“
Ich mustere Ihn kurz: Er scheint einer dieser vielen obdachlosen oder bettler zu sein, die eher Lumpen statt Kleidung tragen und den Tag damit verbringen Geld für Alkohol zusammenzubetteln. Ein Klischee in einer normalen Stadt. Traurig, aber alltag.
Ich greife blind in meine Geldbörse und fische eine 2-Euro-Münze heraus. Ich gebe sie Ihn und er traut seinen Augen kaum. Seine Stimme überschlägt sich:
– Das ist doch viel zu viel, ich wollte doch nur paar Cent.
– Es ist schon okay, jeder von uns hat mal eine schlechte Phase im Leben
– Das ist sehr nett und großzügig. Wissen Sie, ich will eigentlich nicht viel im Leben. Mein einziger Wunsch kostet nichtmal Geld.
– Und was für ein Wunsch ist das?
– Das die Leute mich nicht wie ein stück Müll behandeln…Früher, da war ich…
Pause. Eine Gruppe junger Menschen nähert sich. Sie gröhlen und scheinen stark alkoholisiert zu sein. Sie sehen den Mann am Taxi und brüllen: „Alter Mann, hast noch billigen Fusel in deinem Bollerwagen? Gib mal was ab du alter Sack! Oder hast du noch paar Pfandflaschen über und willst damit taxifahren? Gib die Flaschen doch uns!“
Der alte nimmt hastig seinen Wagen und verschwindet rasch in den Wallanlagen. Die Gruppe amüsiert sich darüber und geht in die andere richtung weiter. Und ich sitze in meinem Taxi, während die Sitzheizung läuft.
Ich starte den Motor und fahre nach Hause.